Mein Fraktionsvotum anlässlich der ausserordentlichen Session zur Gleichstellung vom 14. Juni 2023
Wir haben heute eine ausserordentliche Session traktandiert zum Thema Gleichstellung. Es gibt in verschiedensten Bereichen noch zu tun, wir wissen das. Trotzdem darf nicht vergessen bleiben, wieviel auch schon getan wurde. Die Mitte Fraktion ergreift deshalb diese Gelegenheit, auch einmal all jenen zu danken, Frauen, und auch Männern, welche sich in den letzten Jahren für die verschiedensten Aspekte der Gleichstellung stark gemacht haben. Angefangen bei der Einführung des Frauen-Stimm-und Wahlrechtes 1971. Der Weg dahin war steinig. Ich habe zu Hause ein altes Plakat hängen, das gegen das Frauenstimmrecht warb. Zu sehen darauf ist ein Haushalt, der an Chaos nichts zu wünschen übrig lässt, selbstverständlich fehlten auch heulende Kinder nicht. Die Überschrift: «Die Mutter treibt Politik.» Politik sollte den Männern vorbehalten sein.
Was den Erfolg 1971 letztlich ausmachte, war das grosse politische Engagement der Bürgerinnen und Bürger verschiedenster politischer Lager, das grosse politische Engagement verschiedenster Frauenbewegungen aus allen Lagern. Es war das gemeinsame Engagement aller Frauen. Eine Bewegung ein Ziel! Nämlich allen Menschen in diesem Land die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten zuzustehen. Für die Mittefraktion ist klar: Gleichstellung darf nicht einfach ideologisch besetzt sein. Gleichstellung ist ein gesamtgesellschaftliches politisches Commitment. Motto: weniger Geschlechterkampf. Mehr wir. Mehr Miteinander für die Gleichstellung.
Die Frau «treibt» unterdessen längst Politik. Dies in allen Gremien dieses Landes. Das jetzige Parlament ist so weiblich wie nie. Ein rein männlicher Bundesrat hätte keine Chance in diesem Parlament und es gibt keine Einwände mehr, die Gremien noch weiblicher zu gestalten. Die Bedingungen dafür liegen lediglich in der Kandidatur selbst. So wie das bei den Männern auch der Fall ist. Den Rest bestimmt das Volk.
Erreicht wurde viel in all den Jahren. Unter anderen: die Einführung des Mutterschaftsurlaubes, die Verbesserung der Kinderbetreuung, die Verlängerung der Schulzeiten, Veränderungen beim Eherecht, oder dass häusliche Gewalt zu einem Offizialdelikt geworden ist. Auch die stetige Sensibilisierung im Bereich der Lohnungleichheit ist eine Errungenschaft. Die Pendenz noch nicht völlig abgetragen. Wir arbeiten daran. Es gibt heute auch einen Vaterschaftsurlaub, den diese Fraktion stark mitgestaltet hat.
Eine weitere, zentrale Pendenz bleibt nach wie vor. Die weitere Verbesserung der Vereinbarkeit von Familien-und Erwerbsarbeit. Zu dieser Verbesserung gehören familienergänzende Betreuungsstrukturen, damit unsere gut ausgebildeten jungen Eltern am Erwerbsleben teilhaben können. Dazu gehören neben zahlbaren Kindertagesstätten, welche die Mitte immer unterstützt auch steuerliche Massnahmen. Diese Kosten, meine ich, sollten vollständig von den Steuern abgezogen werden können, damit der Fiskus nicht zweimal kassiert. Ebenso will Die Mitte die Heiratsstrafe endlich abschaffen. Es kann ja nicht sein, dass erwerbstätige Eltern durch die höhere Progression steuerlich bestraft werden. Es darf keine Rolle spielen, wer, wann, wieviel zum gemeinsamen Einkommen beiträgt, die gemeinsame Besteuerung, bietet hier die Lösung. Zeitgemäss und unbürokratisch.
Der Fachkräftemangel kann im Besonderen durch den Einbezug der Frauen gemildert werden. Dieses Potential ist gross. So komme ich auch auf unseren Vorstoss. Vereinbarkeit bedeutet eben auch, neben der Erwerbsarbeit, auch der Familienarbeit selbst ihren Stellenwert zu geben. Sie soll nicht einfach Biografielücke sein. Auch volkswirtschaftlich sind die 6.5 Milliarden Arbeitsstunden der Familienarbeit unersetzlich.
2010 hat das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) die Aufwertung und Anerkennung der Familienarbeit gefordert. Es sei eine «Verschwendung der Ressourcen», wenn Familienarbeit vorwiegend als Biografielücke fungiert und die dabei erworbenen Schlüsselkompetenzen wie Belastbarkeit, Flexibilität, Kommunikations- und Organisationsfähigkeit keine Rolle spielen. Diese Kompetenzen sind grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt gefragt und deren Bedeutung für die Wirtschaft haben signifikant zugenommen. Es braucht Rahmenbedingungen, um Lücken im CV zu schliessen und um beiden Elternteilen bessere Chancen auf Teilhabe an der Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Dazu erwarten wir vom Bundesrat eine Übersicht und einen Bericht mit einem Massnahmenkatalog.
Die Mittefraktion bitte Sie um Zustimmung.
Gleichstellung, ich habe es zu Beginn erwähnt, ist das gemeinsame Engagement aller. Die Forderungen sind in verschiedenen Lagern unterschiedlich. Das Ziel, mehr Teilhabe an der Politik aber ein gemeinsames. Darauf müssen wir uns einigen. Das ist unser Aufruf.