Sehr geehrte Frau Bundesrätin, sehr geehrter Herr Vizepräsident
Ich spreche zu meiner Motion, welche ich in der Wintersession 2021 eingereicht habe, und welche mehr Aufmerksamkeit generierte, als sie eigentlich hätte sollen. Es ging meines Erachtens um eine Selbstverständlichkeit, nämlich, dass unter anderem keine Nazifahnen aufgestellt werden sollen und keine Hitlergrüsse erlaubt. Die Verherrlichung des Dritten Reiches mit seinen unermesslichen Verbrechen soll keinen Raum haben in der Schweiz. Nulltoleranz der Intoleranz. Meine Motion war eine Folge von verschiedenen Berichten, einerseits der GRA, der Gesellschaft gegen Rassismus, anderseits des SIG, des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes. Beide beschreiben eine beängstigend ansteigende Zahl von antisemischen Vorfällen und einer antisemitischen Stimmung. Die Hemmungen, sich unverblümt und öffentlich sich zu einem solch menschenverratenden Gedankengut zu bekennen, fallen. Es ist eine Geschichtslosigkeit sondergleichen, eine Verluderung des Denkens. Ein Verbot ist ein klares Zeichen gegen die schleichende Verwischung in der Erinnerung. Eine schleichende Verwischung in der Unterscheidung von Opfern und Tätern. Eine klare Ansage: «Nie wieder».
Meine Motion hatte mehr Aufmerksamkeit erlangt, weil der Bundesrat sie mit der Begründung abgelehnt hatte, es handle sich beim Aufstellen einer Nazifahne um einen Ausdruck der Meinungsfreiheit. Und überhaupt, man hätte das Ganze vor 12 Jahren in diesem Parlament schon einmal diskutiert und weil man es damals nicht wollte, wollte man es auch heute nicht. Warum nicht, darum nicht! Das sagt man manchmal Kindern, wenn sie etwas genauer wissen wollen und man die Antwort auch nicht kennt. Oder wenn man einfach nicht will und nicht erklären kann, weshalb. Mit anderen Worten: wenn die Argumente fehlen!
Die GRA sammelte in der Folge in einer Petition für das Verbot von Nazisymbolik Unterschriften. Aktuell sind es 14.771. Nach dem Aufruhr, den die seltsame Antwort des Bundesrates hervorrief, schaute er sich diese Antwort nochmals an und hat dann einen Bericht in Auftrag gegeben, wie man das machen könnte, eine Nazifahne zu verbieten und er kam zum Schluss: es ist machbar. Das hätte ich ihm zwar auch ohne Bericht sagen können, wie auch die Rechtskommission ihres Rates, die in ihrer Mehrheit auch dieser Meinung war.
Sie wissen es: Im Jahr 2009 wurde im Parlament die Einführung eines Verbots rassistischer Symbole diskutiert. Es sollte mit Busse bestraft werden, wer öffentlich rassistische Symbole oder Gegenstände, die solche Symbole darstellen oder enthalten, verbreitet. Der Bundesrat und in der Folge National- und Ständerat lehnten eine solche Einführung ab, insbesondere mit der Begründung, dass eine aufgrund des Bestimmtheitsgebots von Artikel 1 StGB erforderliche klare Definition von verbotenen Symbolen schwierig sei. Wenn das halt so schwierig ist, muss man reagieren, die Relativierung ist ja immer eine Ausrede für alles und so habe ich mich auf das Verbot einer konkreten Form von Rassismus konzentriert, nämlich auf denjenigen des Holocaust. Ich habe konkret umschrieben, was strafbar ist. Nulla poena sine lege. Eine Strafnorm allein mit dem Bezug auf den Holocaust ist begründet. Der Nationalsozialismus ist historisch als einzigartiges Verbrechen gegen die Menschlichkeit umfassend umschrieben. Diese Einzigartigkeit wird nun auch durch eine von unserem Parlament gewünschte Schweizer Holocaust-Gedenkstätte in Erinnerung behalten.
Ich bitte Sie also, ein solches Verbot auf den Weg zu schicken. Der Bericht des Bundesrates ist ja auch schon vorhanden. Wir können endlich handeln und es sollte auch nicht eine solche Hexerei sein. Wenn wir einen Sonnenschirm mit aufgedruckter Tabakwerbung locker aus den Blicken von Kindern verbannen können, in den gleichen Schirmständer jedoch eine Nazifahne stecken, dann ist das absurd. Wenn man zu Recht bestraft wird, wenn man einem Polizisten den ausgestreckten Mittelfinger zeigt, der ausgestreckte Arm der Gesellschaft gegenüber jedoch nicht einmal die Zwangseinweisung in die Geschichtsnachhilfe auslöst, dann soll man mir die Komplexität eines Verbotes der zweiten Geste einmal erklären. Und wer immer sagt, ein Verbot bringe nichts, es brauche Aufklärung, dem ist erwidert: das eine selbstverständlich tun, das andere zwingend nicht lassen.
Ich danke Ihnen für die Unterstützung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen.