Am 6. Juni 1971 stimmte das Schweizer Volk beinahe oppositionslos dem Umweltartikel zu, der auf eine Motion aus den Reihen der CVP aus dem Jahre 1964 zurückgeht. Die Aargauer Zeitung würdigte es so: «Der Umweltschutzartikel gehört zu den eher geräuschlosen, aber nachhaltigen Taten eines aufgeklärten Konservativismus.» Die Motion stammte von Julius Binder, damals Nationalrat, später Ständerat. «Er ist der Vater des liberal-ökologischen Kurses unserer Partei und er ist der Vater des Umweltschutzartikels in der Bundesverfassung.» Dies schrieb der ehemalige Generalsekretär der CVP Schweiz, Reto Nause, im Magazin DIE POLITIK. Heute heisst die Partei Die Mitte. Der Name ist Position, Strategie und Programm.
Das zwischen Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch besteht, lag der Motion zugrunde und ist in der unserer Partei verwurzelt. Und dass wir den Klimawandel ernst nehmen auch. Der Sonderbericht des IPCC vom Oktober 2018 ist alles andere als etwas für schwache Nerven. Da steht nämlich, dass sich die Erde schneller erwärmt und mit schwereren Folgen als bisher angenommen. Um die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, sollte der weltweite Kohlendioxidausstoss 2020 – das war vor drei Jahren – seinen Höhepunkt erreichen und danach deutlich absinken. Auch muss bis 2050 Treibhausgasneutralität erreicht sein. Präzisiert wird das «CO2-Budget», das der Menschheit für ein Einhalten der 1,5-Grad-Grenze noch zur Verfügung steht: 420 Milliarden Gigatonnen.
Dieses CO2-Budget dürfte ohne Umsteuern innerhalb der nächsten zehn Jahre aufgebraucht sein. Steigt die Erwärmung nur um ein halbes Grad mehr, leiden doppelt so viele Menschen unter Wassermangel. Dann steigt der Meeresspiegel um 20 Zentimeter mehr. Dann büssen doppelt so viele Wirbeltiere und Pflanzen einen Grossteil ihres Lebensraumes ein. Dann gibt es deutlich mehr Hitzewellen, Starkregen und Dürren. Dann könnte nicht mehr verhindert werden, dass die Eisdecke der westlichen Antarktis in eine unaufhaltsame Schmelze gerät. Das eben entdeckte Schmelzloch unter dem Gletscher in der Arktis lässt grüssen. Und es könnte nicht mehr verhindert werden, dass die meisten Korallenriffe der Welt absterben. Drastische Massnahmen sind notwendig. Wir steuern auf drei bis vier Grad Erwärmung zu.
1984, ein Jahr bevor der Umweltartikel endlich umgesetzt wurde, schrieb Julius Binder: «Umweltschutz ist eine erstrangige Staatsaufgabe. Wir benötigen in der kommenden Zeit vor allem ein ganzheitliches Denken, wonach der Umweltschutz eine Rahmenbedingung überhaupt für jedes menschliche Tun ist. Wir brauchen ein umfassendes Umweltschutzprogramm, das national und international alle nur möglichen Massnahmen vorsieht, die geeignet sind, den kommenden Generationen eine gesunde Umwelt zu erhalten oder – soweit Zerstörungen bereits eingetreten sind – wieder eine gesunde Umwelt zu schaffen. Das ist für die Wissenschaft, die Technik, die Wirtschaft und die Politik eine faszinierende Aufgabe», schloss er als Wirtschaftspolitiker.
Für mich ist es faszinierend, dass ich im Jahre 2019 den Text eines CVPlers abschreibe, der heute so aktuell ist wie damals. Und deshalb sage ich Ja, zum Klimaschutzgesetz. Mit dem Klimaschutzgesetz handeln wir heute, für die Generationen von morgen! Generationengerechtigkeit ist im Zentrum meiner Klimapolitik. Es ist unsere Verantwortung dafür zu sorgen, dass kommende Generationen einen lebenswerten Planeten erben.