Der glorreiche Weg der sprachlichen Gleichstellung erreicht einen Höhepunkt. Es geht um die Würde des Mikrofons. So steht denn im Programm des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Stuttgart, die Teilnehmenden seien eingeladen, über Saalmikrofoninnen und –mikrofone mitzureden. Die Emanzipation fährt aber neu auch mit im Passagierinschiff, verfügt über einen Führerinausweis und glaubt, sie sei eine gute KollegIn. Da liegt sie falsch. Das grosse «I» empfinde ich nach wie vor als ein Konstrukt, das weder lesbar ist, noch auszusprechen. Sprachlich ein Quietschgeräusch.
Und wenn ich schon dabei bin: nicht, dass ich etwas dagegen habe, wenn man uns geehrten Damen vor den geehrten Herren den Vortritt lässt und die Formel «Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter», ist eine Selbstverständlichkeit, aber da ich eine Frau bin, erlaube ich mir mitzuteilen, was viele von uns denken: beschränken wir die kumulative Erwähnung beider Formen doch hauptsächlich auf die Anreden. Sonst gefährden wir unsere Sprache.
Um die Weiblichkeit angemessen zu berücksichtigen, haben kürzlich anlässlich einer Pressekonferenz drei Herren jeden zweiten Satz mit «Die Bundesrätin oder der Bundesrat» bestückt, gefühlte neunzigmal. Das war wohlerzogen, aber kaum zum Zuhören. Eine Form reicht, nur schon aus Zeitgründen. Es darf auch die männliche sein. Beispielsweise Frau Gemeindeammann. Ausgleich liefern ja die Pronomen. Dem bestimmten Plural geht das Wort «die» voraus. Und zwar ausnahmslos. Die Frauen. Die Männer.
Da wir in diesem Jahr eine Bundespräsidentin haben, im übernächsten wohl auch, und die Frauen in der Regierung den Ton mehr als nur angeben, befürchten wir keine Wiedereinführung des Patriarchats.
Ich zitiere aus der neuen Zivilprozessordnung, Art. 47 b: Eine Gerichtsperson tritt in den Ausstand, wenn sie (…) als Rechtsbeiständin oder als Rechtsbeistand, als Sachverständige oder als Sachverständiger, als Zeugin oder als Zeuge, als Mediatorin oder als Mediator in der gleichen Sache tätig war, und so weiter…
Da geht es nicht mehr um Emanzipation, sondern um sprachtechnische Hysterie. Diese zu kontrollieren, liegt an uns Frauen selbst. Sonst getraut sich das niemand. Investieren wir unsere Energien in Sachen Gleichberechtigung besser in nachhaltige Projekte? Beispielsweise in der Nutzung des Stimm- und Wahlrechts. Über sechzig Prozent aller Frauen stimmen und wählen nämlich gleich wie vor hundert Jahren. Das heisst: gar nicht. Und daran tragen «die» Machos für einmal doch herzlich wenig Schuld.